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Weit fort

Roman
ISBN/EAN: 9783442470082
Umbreit-Nr.: 1170785

Sprache: Deutsch
Umfang: 128 S.
Format in cm: 1.2 x 19 x 12
Einband: kartoniertes Buch

Erschienen am 11.01.2010
€ 6,95
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Ein neuer Blick auf die Folgen der Stasi-Bespitzelung Schon einmal wurde Clara verraten-- ihr bester Freund belauschte sie, bespitzelte sie, verkaufte die intimsten Details ihres Lebens. Völlig aus der Bahn geworfen verließ sie ihre Heimat, die DDR. Nun, lange nach dem Fall der Mauer, soll alles anders werden. In Ludwig hat sie eine Liebe gefunden, mit der sie ein neues Leben beginnen könnte. Doch als sie ihm ihre Geschichte erzählt, ist Ludwig auf einmal fort. Und für Clara beginnt eine erneute Suche ohne Halt-...
  • Kurztext
    • "Die Geschichte ist ungeheuerlich." Die Zeit "Ein furioses Debüt, das vieles auf den Kopf stellt und manches zurück auf die Füße." Der Tagesspiegel
  • Leseprobe
    • Ein Spätsommermorgen, mitten im Herbst. Ein fast wolkenloser Himmel. Ihr Blick fällt durch das hohe Atelierfenster auf die Weite der Felder. Es ist acht Uhr und dreißig Minuten. Josef Ackermann ist mit einem breiten Lächeln davongekommen. Aus dem Fernseher, der im großen Wohnraum hinter ihrem Rücken steht, hört sie die Nachrichten. Ihr Blick ist in die Ferne gerichtet, in den schier endlos blauen Morgenhimmel. Sie möchte den Mund, den sie gerade in Gedanken sah, auf dieses Blau projizieren, es damit aufreißen. Sie könnte in diesen Mund hineintreten, um die gleiche Reise anzutreten wie ihr Vater und ihre Mutter. Aber sie sind schon zu weit weg. Sie sind verzogen. Kein Geld der Welt kann den Himmel öffnen. Deshalb klappt sie die Ackermann'schen Zähne wieder zu und bewegt sich mit schnellen Schritten hinaus in die Ferne. Es ist ein Tag wie jeder andere. Ihre Bilder sind in Arbeit, in letzter Zeit nur noch Jagdszenen. Große Panoramaformate, mit Jägern und Meute. Mit Davor und Danach. Adrenalin und Devotionalien. Im Grunde sind Maler Jäger. Vielleicht sollte sie mal wieder in ihre Berliner Stadtwohnung fahren, um Freunde zu treffen. Aber heute nicht. Es kommt ein Handwerker, der ein Stück Ziegelwerk einreißen soll, um es gleich wieder aufzubauen. Es geht um ein Bücherregal, für das, wenn es nicht auffallen soll, schon mal die halbe Wand weg - und dann wieder hinmuss. Das ist Ästhetik! Vom Acker nähert sich ein schwarzes Auto. Der Feldweg bis zum Haus ist uneben. Der Fahrer versucht, den unzähligen Buckeln auszuweichen. Wie ein Kahn kommt das Auto daher. Nähert sich in einer meterhohen Staubwolke. Sie denkt an ihr Boot, mit dem sie vor drei Jahren noch die Havel durchschipperte. Aber sie hat die ganze Bilgenweisheit verkauft. Die Manöver vergessen, die links- oder rechtsrum drehenden Schrauben, die Kurzatmigkeit ihres Motors, der hochsee-tauglich auf den Binnengewässern das Benzingeld im Sekundentakt fortspülte. Acht Knoten, mehr war nicht drin. Jetzt lebt sie hier, auf dem Land, in einer zum Atelier umgebauten Scheune. Verankert im Brandenburgischen. Geerdet im Mutterboden. Unverrückbar. Und heute kommt ein Arbeiter, der das halbe Haus einreißt, nur damit sie ein paar Bücher unterbringen kann. Sie steht neben sich, obwohl der Arbeiter das Haus noch nicht erreicht und den Hammer noch gar nicht ausgepackt hat. Sie wird kaum zum Arbeiten kommen. Als der Lärm ihre Galerie im Obergeschoss erreicht, schaltet sie ihren Computer ein, geht ins Internet. Klickt den Button einer Partnerbörse an. Ein Experiment! Freunde hatten davon erzählt. Was für ein Schwachsinn, hatte sie noch gedacht, als sie davon erfuhr. Aber jetzt, warum nicht. Vielleicht tut sie es auch nur so aus einer Laune heraus, weil sie der Lärm im Haus nervt und sie sich die Zeit vertreiben will. Es wird zu einer Begegnung kommen, die sie so nie gewollt hat. Sie wird erkennen, dass es eine Begegnung im Jetzt und in der Vergangenheit ist. Sie weiß davon noch nichts. Zunächst gilt ihr Interesse einzig der Logistik dieser Partnerbörse und der Frage, wie die Anonymität gewährleistet bleibt. Wahrscheinlich würde sie nur anonym bleiben, wenn sie gar nicht eintritt. Sie zögert, findet es beschämend, sich im Netz einen Mann zu suchen, macht dennoch weiter. Am Anfang steht ein psychologischer Test. Diese Ouvertüre dauert mit ihrem analogen Anschluss an die drei Stunden. Sie hat einfältige Fragen zu beantworten. Tut es in der Annahme, dass alle es so machen. Siebenhundert Kandidaten tummeln sich schließlich in dem Profil, das der Computer von ihr erstellt hat. Würde sie die Schweiz wieder herausnehmen, blieben an die fünfhundert übrig. Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten, Produzenten. Und einige Coachs. Mit denen kann sie nichts anfangen. Ein Beruf, der alles und nichts sein kann. Nicht so etwas. Sie findet keinen Künstler unter den Kandidaten. Muss ja auch nicht sein, denkt sie. Neid und Missgunst, dass einer von beiden immer erfolgreicher ist als der andere, das k