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Der kleine Wal

Die wahre Geschichte einer wunderbaren Begegnung, BLA - Allgemeine Reihe
ISBN/EAN: 9783442371297
Umbreit-Nr.: 1986261

Sprache: Deutsch
Umfang: 192 S., 1 s/w Illustr.
Format in cm: 1.5 x 18.3 x 11.5
Einband: kartoniertes Buch

Erschienen am 13.10.2008
€ 6,95
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Zusatztext
    • Wenn wir mir dem Herzen sehen, träumen, hoffen-... Ein Walbaby veränderte ihr Leben Die wahre Geschichte über die Kraft, die in uns selbst wohnt
  • Autorenportrait
    • Lynne Cox, 1957 geboren, ist Langstreckenschwimmerin und Schriftstellerin. Sie durchschwamm den Ärmelkanal und die Maghellanstraße, sie war der erste Mensch, der schwimmend das Skagerrak durchquerte und das Kap der Guten Hoffnung umrundete. Großes Aufsehe
  • Leseprobe
    • Es ist eine einschüchternde, aber auch absolut faszinierende Erfahrung, auf dem offenen Meer zu sein, sich zwischen Himmel und Erde zu bewegen und zu wissen, dass man jederzeit dem Unbekannten begegnen kann. Die Sterne waren untergegangen, Wasser und Himmel tiefschwarz; so schwarz, dass ich meine Hände nicht mehr sehen konnte, die vor meinem Gesicht immer wieder vorstießen und mich weiterzogen, so schwarz, dass es keine Trennung mehr zwischen Meer und Himmel gab, dass sie miteinander verschmolzen. Es war Anfang März, und ich war siebzehn. Seal Beach, von wo ich aufgebrochen war, liegt an der kalifornischen Küste. Ich war zweihundert Meter vom Strand entfernt. Das Wasser war kalt, dreizehn Grad, und so glatt wie schwarzes Eis. Ich schwamm mit regelmäßigen Kraulzügen, etwa sechzig pro Minute, und pflügte eine schmale, silbrige Furche in die unabsehbare Fläche des schwarzen Ozeans. Mein Morgentraining begann gewöhnlich um sechs Uhr, aber an diesem Tag wollte ich früher fertig sein, damit ich schnell wieder nach Hause kam, ein paar Hausaufgaben erledigen und dann Freundinnen treffen konnte. Wir wollten den Tag gemeinsam verbringen. Deshalb hatte ich ausnahmsweise schon um fünf mit dem Training begonnen. Ich spürte die gewaltigen Kräfte der Natur, die still ihr Werk taten, die starken Strömungen unter Wasser, geschaffen von weit entfernten Winden und den großen Wogen des Pazifiks im Zusammenspiel mit Mond und Sonne und der Erdumdrehung. Diese Strömungen umhüllten mich wie lange Fäden aus weichem, schwarzem Lakritz, und ich versuchte, sie durch den Zug meiner Arme immer wieder zu durchschneiden. Ich hörte nichts außer dem Geräusch der Wellen, die sich aufbauten und an der Küste brandeten, dem regelmäßigen Klatschen meiner Hände und meinen eigenen starken Atemzügen beim Schwimmen. Manchmal kam mir auch das leise Plätschern und Murmeln des silbrigen Wellenschaums um mich herum zu Bewusstsein. Wieder und wieder tauchten meine Arme ins Wasser, und dann spürte ich plötzlich etwas wie ein Erschauern in der Tiefe. Es war weder eine Strömung noch eine unvorhergesehene große Welle. Es fühlte sich völlig anders an. Es kam näher. Unter mir bewegte sich das Wasser, wogte, flutete, immer stärker. Plötzlich kam ich mir winzig klein und verloren vor auf dem tiefen, dunklen, weiten Ozean. Dann hörte ich einen Ton. Dieser Ton, so kam es mir vor, stieg direkt aus der Tiefsee zu mir auf. Zuerst schien es nur ein Wispern zu sein, dann wurde es lauter, gewann an Umfang und Intensität; es war, als ob jemand versuchte, um Hilfe zu schreien, ohne die Worte dafür formen zu können. Ich schwamm weiter und versuchte herauszubekommen, was dort unten geschah. Der Ton veränderte sich. Er wurde immer sonderbarer. Jetzt klang es wie ein hoher, verzerrter Schrei. Unwillkürlich verglich ich den Ton mit einer Reihe von Meeresgeräuschen, die ich kannte und einer eindeutigen Ursache zuordnen konnte. Aber nein, dieser hier war anders als alles, was mir vertraut war. Die Härchen auf meinen Armen stellten sich auf. Was immer es war - es kam näher. Das Meer lud sich mit einer geheimnisvollen Energie auf. Ungewissheit, aber auch Erwartung machte sich in mir breit, ähnlich wie an Land, wenn sich im Sommer ein Gewitter zusammenbraut. Das Wasser schien unter Strom zu stehen. Vielleicht war meine Empfindung richtig. Vielleicht zeigte die seltsame Beschaffenheit des Wassers tatsächlich das Herannahen eines Sturms. Vielleicht übertrug sich die Energie weit entfernter Winde und Regenströme durch das Wasser bis hierher. Ich prüfte den Himmel über mir. Mein Blick schweifte bis zur Linie des Horizonts. Doch es war nichts Besonderes zu sehen. Alles war tiefschwarz, und am Himmel konnte ich keine Wolke erkennen. Ich hob den Kopf, um die Höhe der Wellen zu prüfen. Die Brandung war nicht höher als sonst, und davor zeigten sich auch keine weißen Schaumkronen, die sonst das Auffrischen des Windes ankündigten. Keinerlei Unregelmäßigkeiten. Kein Anzeichen eines herannahenden