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Wohin steuert die ökonomische Wissenschaft?

Ein Methodenstreit in der Volkswirtschaftslehre, Normative Orders 3
ISBN/EAN: 9783593393834
Umbreit-Nr.: 1366188

Sprache: Deutsch
Umfang: 319 S.
Format in cm: 2 x 21 x 14
Einband: kartoniertes Buch

Erschienen am 03.12.2011
Auflage: 1/2011
€ 35,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Unter deutschen Ökonomen ist ein neuer Methodenstreit ausgebrochen. Auf dem Prüfstand stehen die methodischen Grundlagen des Fachs, aber auch Fragen der Internationalisierung der deutschen VWL sowie gängige Berufspraxen. Der Band versucht Ordnung in diesen Schlagabtausch um das ökonomische Curriculum zu bringen, indem er die theoriegeschichtlichen und erkenntniskritischen Hintergründe der verschiedenen Positionen beleuchtet. Thematisiert werden außerdem Fragen zur Wissenskultur und -gesellschaft sowie zur Prognosefähigkeit ökonomischer Theorien.
  • Kurztext
    • Unter deutschen Ökonomen ist ein neuer Methodenstreit ausgebrochen. Auf dem Prüfstand stehen die methodischen Grundlagen des Fachs, aber auch Fragen der Internationalisierung der deutschen VWL sowie gängige Berufspraxen. Der Band versucht Ordnung in diesen Schlagabtausch um das ökonomische Curriculum zu bringen, indem er die theoriegeschichtlichen und erkenntniskritischen Hintergründe der verschiedenen Positionen beleuchtet. Thematisiert werden außerdem Fragen zur Wissenskultur und -gesellschaft sowie zur Prognosefähigkeit ökonomischer Theorien.
  • Autorenportrait
    • Volker Caspari ist Professor für Wirtschaftstheorie an der TU Darmstadt. Bertram Schefold ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Frankfurt am Main. 2010 wurde er an der Ben Gurion Universität in Beer Sheva/Israel für sein Lebenswerk mit dem Guggenheim-Preis ausgezeichnet.
  • Schlagzeile
    • Normative Orders
  • Leseprobe
    • In der deutschen akademischen Volkswirtschaftlehre war im Jahr 2009 eine Debatte über die Ausrichtung und die Methoden des Faches entstanden. Seit einigen Jahren gärte es bereits. Die Abstimmung der Studierenden mit den Füßen, d.h. die Entscheidung, lieber Betriebs- als Volkswirtschaftslehre zu studieren, hatte zu einem Rückbau volkswirtschaftlicher zu Gunsten betriebswirtschaftlicher Lehrstühle geführt. Die Kritiker einer analytisch-mathematischen Ausbildung in der Volkswirtschaftslehre sahen ihre Überzeugung, die Volkswirtschaftslehre verliere ihre wirtschaftspolitische Relevanz, durch das Abstimmungsverhalten der Studienanfänger bestätigt. Mit dem Generationenwechsel in der Professorenschaft nahm der Einfluss der sich am amerikanischen Mainstream orientierenden deutschen Ökonomen jedoch schrittweise zu, und so fühlten sich die Vertreter der deutschen Ordnungsökonomik zunehmend an den Rand gedrängt. Ein scheinbar äußerlicher Auslöser dieses "Neuen Methodenstreits" war der Plan der Kölner Universität - einer der Bastionen der Ordnungsökonomik - ihre Lehrstühle für Wirtschaftspolitik umzuwidmen, um einen "international wettbewerbsfähigen" Forschungsschwerpunkt für Makroökonomik zu schaffen. Der Plan geriet schnell in die Öffentlichkeit und kulminierte in einem von 83 Professoren unterzeichneten Aufruf in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (05.05.2009) zur Rettung der Wirtschaftspolitik an den deutschen Universitäten. Beantwortet wurde dieser durch einen von 188 Ökonomen unterzeichneten und im Handelsblatt veröffentlichten Gegenaufruf "Baut die deutsche VWL nach internationalen Standards um!" (08.06.09), in dem für einen am amerikanischen Modell ausgerichteten "Dreiklang" der Ausbildung - Mikroökonomik, Makroökonomik und Ökonometrie - plädiert wurde. In dieser vorwiegend im Handelsblatt und in der FAZ ausgetragenen Auseinandersetzung ging es nicht um konkrete Problemstellungen, wie z.B. die Bekämpfung der seinerzeit gerade ausgebrochenen Finanzmarktkrise, sondern um die Frage, ob und wie das Fach Wirtschaftspolitik in volkswirtschaftlichen Curricula noch einen Platz finden sollte. Damit wurden die Ausrichtung und Normung der volkswirtschaftlichen Forschung und Lehre an deutschen Universitäten selbst zum Gegenstand. Die in der öffentlichen Debatte aufgeworfenen Fragen der inhaltlichen und methodischen Ausrichtung des Fachs "Volkswirtschaftslehre" führte im Kreis der Forschungsgruppe "Genese von Normen in der ökonomischen Wissenschaft: Robinsonaden, Werturteilsstreit und Ordoliberalismus" zu einer intensiveren Erörterung der erkenntnistheoretischen Hintergründe der aktuellen Diskussionen. Ist die deutsche Volkswirtschaftslehre tatsächlich dem durch von Mises und von Hayek begründeten Apriorismus gefolgt und hat sich im Sinne von Kempskis zu einer normativ-analytischen Gesetzeswissenschaft entwickelt, gegen die man noch immer den Vorwurf des Modellplatonismus erheben darf? Oder hat sich in den deutschen volkswirtschaftlichen Fakultäten und Instituten nicht viel eher in der Verbindung von ökonomischer Theorie und Ökonometrie eine empirisch-analytische Tradition herausgebildet, die sich weit mehr dem Popperschen kritischen Rationalismus als dem Hayekschen Apriorismus verpflichtet fühlt? Ist dabei die Wirtschaftspolitik sozusagen "auf der Strecke geblieben"? Dies kann eigentlich so nicht vorbehaltlos bejaht werden, denn die empirischen Analysen, die sich ökonometrischer Methoden bedienen, gehen in der Regel von wirtschaftspolitisch relevanten Fragestellung aus und behandeln höchst selten Probleme aus Wolkenkuckucksheim. Wo aber werden die Fragen nach der Wirtschaftsordnung bzw. nach dem Wirtschaftssystem behandelt? Wie greifen Werteordnungen (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit), Gesellschaftsordnung und Wirtschaftsordnungen ineinander? Wie begründet man Eigentumsrechte? Diese Fragen sind nicht mit Hilfe der empirisch-quantativen Methoden zu beantworten. Soll sich die Volkswirtschaftslehre deshalb bei der Behandlung dieser Fragen für nicht zuständig erklären? Entschlösse man sich hierzu, wäre nicht nur der Bruch mit den sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen (Soziologie, Jurisprudenz und Politologie) endgültig vollzogen, man würde sich auch aus wesentlichen Fragen der wirtschaftspolitischen Praxis verabschieden und den Nachbardisziplinen das Feld überlassen. Ein Blick in die Geschichte der Volkswirtschaftslehre zeigt, dass solche Fragen keineswegs neu sind. So wurde z.B. vor und nach der Weltwirtschaftskrise in der Weimarer Republik die Reflexion wirtschaftspolitischer Optionen vor dem Hintergrund unterschiedlicher ökonomischer Paradigmen geführt. Zu diesen Strömungen zählten seinerzeit die Historische Schule, die Österreichische Schule wie auch Vertreter, die sich im Anschluss an die englische Klassik der "isolierenden Methode" annäherten und sich "Ricardianer" nannten. In dem Workshop "Normen in der Volkswirtschaftslehre - Normung des volkswirtschaftlichen Curriculums" wurde den Grundlagen der jeweiligen Positionen im "Neuen Methodenstreit" aus erkenntnistheoretischer und theoriegeschichtlicher Perspektive nachgegangen. Die Tagung fand vom 18. bis 19. Februar 2010 an der Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt am Main im Rahmen der Aktivitäten des Exzellenzclusters "Die Herausbildung normativer Ordnungen" statt, dessen Ziele Rainer Forst und Klaus Günther im Vorwort diesen Bandes beschreiben. Die Tagung war öffentlich und gut besucht. Vorträge wurden durch Volker Caspari, Johannes Glaeser, Rainer Klump, Heinz Kurz, Michael Lennig, Andrea Maurer, Bertram Schefold, Ekkehart Schlicht, Keith Tribe und Carl Christian von Weizsäcker gehalten. Der Beitrag von Manfred E. Streit wurde stellvertretend durch Volker Caspari besprochen. Zu den weiteren Teilnehmern des Workshops zählten Rüdiger Bachmann, Nils Goldschmidt, Bert Rürup und Roland Vaubel. Ein Großteil der von den einzelnen Fachvertretern gehaltenen Referate wurde schriftlich ausgearbeitet. Sie liegen neu geordnet und in einen allgemeinen Zusammenhang gestellt in diesem Band vor. An der den Workshop anschließenden Podiumsdiskussion waren etwa 200 Gäste anwesend. Eine Dokumentation des Diskussionsverlaufs befindet sich im Anhang.