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Das schwarze Ei

Roman
ISBN/EAN: 9783446207639
Umbreit-Nr.: 1917412

Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S.
Format in cm: 2.4 x 20.9 x 13.5
Einband: gebundenes Buch

Erschienen am 26.08.2006
€ 19,90
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Ein arbeitsloser Akademiker hat Glück: Mit einem aufpolierten Lebenslauf und gefälschten Zeugnissen bekommt er in Berlin einen tollen Job in der Bundesgeschäftsstelle einer Partei. Doch die Sache hat einen Haken: Ständig muss er damit rechnen, als Betrüger entlarvt zu werden. Die karrieregeilen, rücksichtslosen Kollegen sitzen ihm im Nacken, und seine Panik steigt von Tag zu Tag. Der Traum wird zum Alptraum. Bis plötzlich eine Ministerin auf ihn aufmerksam wird und an ihm Gefallen findet. Eine schonungslose Spiegelung des deutschen Alltagsmilieus.
  • Autorenportrait
    • Heiko Michael Hartmann wurde 1957 in Miltenberg geboren, studierte Rechtswissenschaften und Philosophie in Würzburg und Genf. Er arbeitet als Jurist in Berlin. Für seinen ersten Roman MOI wurde er 1996 beim Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb ausgezeichnet.
  • Leseprobe
    • Jetzt schon?'<br />Die junge Frau, die ihn beim Empfang abholte, sah ihn an. Er blickte zur Uhr, noch fünf Minuten. Zehn, lächelte sie, und zehn Minuten seien hier wie woanders eine halbe Stunde.<br />'Kommen Sie, wir fahrn aufs Dach, von dort hat man die beste Übersicht.'<br />Er, der gläserne Aufzug setzte sich in Bewegung, griff nach der Haltestange. Lächelte die Sekretärin? Er ließ los. Die Menschen am Boden der riesigen Lobby verkleinerten sich. Um sich wenigstens mit den Augen festzuhalten, blickte er auf das Messingschild mit den Knöpfen.<br />'Herzlich willkommen in der Bundesgeschäftsstelle! Schon bei der Planung des Gebäudes wurde auf eine ökologische Ausrichtung des Baus geachtet. Hier ist insbesondere auf den Wintergarten zu verweisen, der auch den charakteristischen Stil des Gebäudes prägt. Im Sommer Wärmeschutz, im Winter Wärmegewinn, so läßt sich der Einsatz von Primärenergie für Heizung und Klimaanlage - Herzlich willkommen in - Herzlich - Herz - He - He - He -'<br />'Tanzen Sie gern?' fragte sie und drückte immer wieder den Knopf mit der Aufschrift 'Infos'.<br />Sie schloß, he, he, dabei die Augen, und ihr Kopf, he, he, bewegte sich im Rhythmus der Stimme aus dem Lautsprecher. Auf ihrer Bluse, links, wo -<br />'Ein Skorpion', sagte sie und öffnete die Augen. 'Wollen Sie ihn anfassen?'<br />Er schüttelte den Kopf. Die Frau schien wenig Hemmungen zu haben. Sie streckte, seine Augen hatten die Brosche längst verlassen, absichtlich die Brust heraus. Bloß, dachte er und schaute in die Scheibe, ein Zeichen von Lebensfreude? War sie verliebt? In wen? Standen, in dem Glas erkannte er den Umriß seines Kopfes, ihm nicht wieder Haare ab? Sie jetzt, das würde sie bemerken, glatt streichen? Also lieber, sah er nach unten, nicht. Dort, klein, aber zielstrebig, durchquerte eine Gruppe von Männern die Lobby.<br />'Und? Glauben Sie, Sie werden die Stelle bekommen?'<br />Er zuckte mit den Schultern. Doch dann, aus Furcht, zu lässig zu erscheinen, sprang sein Blick zurück:<br />'Ist es schwer?'<br />'Schwer?' lachte sie, als habe er einen Witz erzählt. 'Bei dreihundert Bewerbern?'<br />Das Messingschild mit den Knöpfen - hätte er jetzt die Augen geschlossen, wäre er umgefallen. Mit einem sanften Stoß kam der Aufzug oben an. Von hier sahen die Menschen unten in der Lobby aus, als bewegten sie sich nach einem wichtigen Geheimplan. Wie war es der Sekretärin gelungen, hier arbeiten zu dürfen?<br />'Jetzt', fragte er leise, während sie voranging, 'noch? Dreihundert?'<br />Ihr Gang verriet, daß sie noch immer irgendeinen musikalischen Rhythmus im Kopf hatte. Dreihundert, immer noch - hatte sie seine Frage nicht verstanden? Warum antwortete sie nicht? Mit dem Hammer! Sie, sah er, von hinten, auf ihre Haare, mit einem einzigen, wütenden Schlag, der, das Schädeldach durchbrechend, die breiige Masse zerspritzen ließe, zwingen. Jetzt, hier, in dem schmalen, noch weißen Gang. Doch ihre stöckelnden Schritte, immer noch, klangen wie Hohn, eine kleine Treppe, und sie standen im Freien.<br /><br />***<br /><br />'Die Stelle - worauf kommt es am meisten an?'<br />Sie lachte und deutete, der Wind blies ihr in die Haare. In der Richtung ihres Arms erkannte er die Kuppel des Parlamentsgebäudes.<br />'Glauben Sie an Gerechtigkeit?'<br />Widerwillig - wozu die Frage? - nickte er.<br />'Dann darf ich Ihnen keine Vorteile verschaffen.'<br />Er errötete. Sie begann zu lachen. Ob er denn keinen Humor habe, im Grunde gehöre ihm die Stelle schon. Er blickte zurück zur Parlamentskuppel. Ein neuer dummer Scherz der Sekretärin? Was wußte sie? Spielte sie sich bloß auf? Offenbar hatte sie keine Ahnung, wie wichtig es für ihn war, die Stelle zu bekommen. Sie deutete und gab ein paar Erklärungen über Gebäude und Straßen. Es handle, sagte sie, sich um ein altes, historisches Viertel, das im Krieg, und lächelte dabei, sei alles, was, hörte er und dachte nach, jetzt noch davon da, endlich, begriff er: Eine Inszenierung ...